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Restless-legs-Syndrom – die quälende Unruhe in den Beinen

 

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS), englisch für „Syndrom der ruhelosen Beine“, auch Wittmaack-Ekbom-Syndrom oder Willis-Ekbom disease, ist eine neurologische Erkrankung mit Gefühlsstörungen und Bewegungsdrang in den Beinen, Füßen und weniger häufig auch in den Armen, oftmals einhergehend mit unwillkürlichen Bewegungen.

Im Deutschen spricht man von unruhigen Beinen, doch setzt sich auch umgangssprachlich zunehmend die Abkürzung RLS – manchmal aufgelöst zu „Rastloser Schlaf“ – als Krankheitsname durch.

Die Krankheitszeichen wurden in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts von Thomas Willis zum ersten Mal beschrieben. Im Jahre 1861 benannte der deutsche Kliniker Theodor Wittmaack die Erkrankung nach ihrem auffälligsten Symptom, den unruhigen Beinen, als Anxietas tibiarum. Die Bezeichnung Restless Legs wurde 1945 von dem Stockholmer Neurologen Karl-Axel Ekbom geprägt.

 

Symptome RLS-Patienten
Schlafstörungen (alle Formen) 95 %
Bewegungsdrang (Ruhesituation) 95 %
Empfindungsstörung (Ruhesituation) 91 %
Beschwerden (am Tag) 76 %
spontane Bewegung (Ruhesituation) 50 %
Häufigkeit der Symptome bei Patienten mit idiopathischem RLS (nach Trenkwalder 1997)

 

Das RLS verursacht in Zuständen der Ruhe bzw. Entspannung in den Beinen und/oder Füßen (seltener auch in den Armen und/oder Händen) ein Ziehen, Spannen, Kribbeln, Schmerzen, Wärmegefühl oder andere als unangenehm empfundene Gefühle. Diese Missempfindungen führen bei den Betroffenen zu dem unwiderstehlichen Drang, sich zu bewegen, die Muskeln anzuspannen oder zu dehnen. Die Beschwerden sind abends oder nachts schlimmer als tagsüber oder treten ausschließlich am Abend oder in der Nacht bei ruhigem Sitzen oder Liegen auf.

Charakteristisch für das RLS ist die sofortige Linderung durch Muskeltätigkeit, d. h. Bewegen der betroffenen Gliedmaßen durch Umhergehen, Kniebeugen, Radfahren, periodisches Anspannen usw. Die Symptome kehren jedoch nach einer nur kurzfristigen Besserung für gewöhnlich bereits in der nächsten Ruhesituation unmittelbar wieder zurück.

Die Häufung der Beschwerden abends und nachts (bei vielen Betroffenen grob im Zeitraum zwischen 22:00 und 4:00 Uhr) wird zirkadianen Rhythmen zugeschrieben. Sie geht also wohl nicht allein auf die zu dieser Tageszeit typische körperliche Ruhe zurück. Andererseits können Entspannungssituationen, Langeweile und eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten die Symptome unabhängig von der Tageszeit verstärken.

Die quälende Unruhe in den Gliedmaßen und der nicht zu unterdrückende Zwang, sich (z. B. durch Umherlaufen) zu bewegen, hindert die Betroffenen oftmals sehr wirksam daran, ein- und durchzuschlafen.

Das Ausmaß an Schlafmangel durch die Störungen des Schlafs kann bei RLS-Patienten außergewöhnlich groß sein. In der Folge kommt es oft zu chronischer Müdigkeit am Tage, Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Unruhe, Vergesslichkeit und einer Verschiebung des Tag-und-Nacht-Rhythmus. Als häufige Spätfolgen sind bei unbehandeltem Fortbestehen daher allgemeiner Leistungsabfall, soziale Isolation und – als schwerwiegendste Konsequenz – Depressionen zu beobachten. Bei schmerzhaften Ausprägungen kann sich, wie bei allen andauernden Schmerzzuständen, auch ein chronisches Schmerzsyndrom ausbilden.

 

Diagnose

Die Diagnose wird oft erst von einem Nervenarzt (Neurologe oder Psychiater) gestellt. Bei der Diagnostik steht die klinische Symptomatik im Vordergrund. Als Werkzeug steht eine validierte Skala zur Feststellung der Schwere des Krankheitsbildes zur Verfügung (RLS Severity Scale). Bereits eine einmalige Gabe von L-Dopa bessert die Symptome bei fast allen RLS-Patienten dramatisch, so dass ein erfolgreich durchgeführter Versuch als beweisender Test dienen kann (ex juvantibus). Ein sogenannter Immobilisationtest, bei dem die Beine des Betroffenen für eine Zeit lang fixiert werden, kann die genannten begleitenden unwillkürlichen, d.h. nicht willentlich unterdrückbaren periodischen Zuckungen der Muskeln zu Tage treten lassen. In unklaren Fällen ist eine Polysomnographie im Schlaflabor erforderlich.

Differentialdiagnostisch muss das RLS gegen verschiedene andere Erkrankungen abgegrenzt ,werden. Die Begleiterscheinungen des RLS führen sehr häufig zu einer falschen Diagnose, da die zugrundeliegende Krankheit oftmals nicht gesehen wird.

 

Verbreitung

Es wird geschätzt, dass etwa 5–10 % der Bevölkerung in Deutschland vom RLS betroffen sind. Es ist damit eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen überhaupt. 60 % der Patienten sind Frauen.

Allerdings sind die Symptome bei ca. 80 % der Betroffenen nur sehr schwach ausgeprägt, so dass eine medikamentöse Therapie bei ihnen nicht notwendig ist.

Die Veranlagung zu dieser Krankheit kann autosomal-dominant vererbt werden. Die familiäre Prädisposition ist inzwischen auch durch Zwillingsstudien bestätigt worden, der Grad des genetischenEinflusses bleibt aber ungewiss.

 

Formen

Man unterscheidet zwischen einer sekundären (symptomatischen) und einer idiopathischen Form des RLS.

  • Sekundäre Form
    • Erstgenannte kann durch Krankheiten bzw. Zustände wie Eisenmangelanämie, perniziöse Anämie, Urämie, Niereninsuffizienz mit Dialyse, Arthritis, Morbus Parkinson u. a. neurologische Erkrankungen sowie durch eine Reihe von Medikamenten (vor allem Dopaminantagonisten und diverse Antidepressiva) verursacht sein. Außerdem kann eine Schwangerschaft eine Rolle spielen. Die sekundäre Form verschwindet für gewöhnlich, wenn ihre Ursache beseitigt wurde, doch kann sie bei gegebener Veranlagung auch der Auslöser für die Manifestation der idiopathischen Form sein.
  • Idiopathische Form
    • Die selbstständige (idiopathische) Ausprägung der Krankheit ist als genetische Prädisposition erbbar. Häufig beginnt sie im dritten Lebensjahrzehnt. Es gibt Hinweise darauf, dass oftmals sekundäre Formen des RLS sowie einige weitere Krankheiten (z.B. Hypothyreose) Auslöser der idiopathischen Form sein könnten. In leichteren Fällen oder in der Anfangsphase der Erkrankung können Form, Häufigkeit und Stärke der Beschwerden individuell erheblich variieren. Auch wenn die Krankheit als nicht degenerativ gilt, ist eine gewisse Tendenz zur Verschlechterung der Symptomatik mit fortschreitendem Lebensalter festzustellen. Eine Zunahme der Beschwerden ist dabei allerdings eher schleichend und erfolgt nicht unbedingt kontinuierlich. Die spontane Besserung des Krankheitsbildes gilt als eher ungewöhnlich. Eine Heilung der idiopathischen Form des RLS durch die Beseitigung der Ursache ist zurzeit noch nicht möglich (Stand: 2013).

 

Die Ursachen des Restless-Legs-Syndroms sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Eine zentrale Rolle spielt der Neurotransmitter Dopamin, die extrapyramidalen Störungen sind sicherlich die Folgen eines

veränderten Transmitterstoffwechsels.

 

Behandlung – die wichtigsten Methoden im Überblick

Die individuell angepasste Behandlung richtet sich nach dem subjektiven Leidensdruck der Patienten. Primär steht meist eine Verbesserung der Schlafqualität im Vordergrund. Eine bedarfsorientierte oder dauernde medikamentöse Therapie dürfte für die Mehrheit der Betroffenen mit ausgeprägter Symptomatik unausweichlich sein.

Bei der sekundären Form des RLS muss nach Möglichkeit die zugrundeliegende Ursache beseitigt werden; so ist etwa ein Eisenmangel durch Eisenpräparate leicht auszugleichen, die Behandlung des RLS bei einer Schwangerschaft kann hingegen sehr schwierig sein.

In Fällen, in denen sich die Behandlung mit nur einer bestimmten Wirkstoffgruppe (Monotherapie) als nicht erfolgreich oder nach längerer Anwendung als zunehmend ineffizient erweist, kann der Arzt auch auf die Möglichkeit einer Kombinationstherapie (z. B. Dopaminagonist + L-Dopa) zurückgreifen.

  • Levodopa (L-Dopa)
    • Als Therapie bei leichten und nur gelegentlich auftretenden Beschwerden gilt vor allem die Verabreichung von Levodopa (z. B. Restex, Madopar), einer Vorstufe von Dopamin, bei Bedarf. Dieses führt zu fast sofortiger Linderung der Beschwerden. Die dauerhafte Gabe kann aber bei den meisten Patienten das Krankheitsbild verstärken oder verändern (sogenannte Augmentation). Diese Augmentation ist zudem die häufigste und wichtigste Nebenwirkung der Medikamente, außerdem stellen Nebenwirkungen, Toleranzentwicklung sowie schnelles Abklingen der Wirkung im Laufe der Nacht oftmals ein Problem dar.
  • Dopaminagonisten
    • Bei der Behandlung schwerer bzw. täglicher Beschwerden gelten Dopamin-ähnlich wirkende Substanzen (Dopaminagonisten) inzwischen als Mittel der Wahl. Diese Substanzen stimulieren Dopamin-Rezeptoren.
    • Von Mutterkornalkaloiden abgeleitete Dopaminagonisten (auch „ergoline Dopaminagonisten“ oder „Ergot-Derivate“ genannt) wie die auch bei der Therapie des Morbus Parkinson eingesetzten Cabergolin (Cabaseril®) und Pergolid (Parkotil®) sind hochwirksame, wenngleich nicht unumstrittene und nebenwirkungsreiche Wirkstoffe beim RLS. Sie können aber, sofern sie vertragen werden, zeitlich unbegrenzt eingenommen werden und steigern die Lebensqualität der Betroffenen erheblich (ca. 50 % der Anwender sind länger als ein Jahr beschwerdefrei). Weitere eingesetzte Substanzen dieser Wirkstoffgruppe sind Bromocriptin und Lisurid. Die deutschen Krankenkassen bezahlen die kostenintensive RLS-Therapie mit diesen Substanzen (Off-Label-Use) inzwischen in der Regel nicht mehr.
    • Die nicht von Mutterkornalkaloiden abgeleiteten (nonergolinen) Dopaminagonisten Ropinirol (Adartrel® bzw. Requip®) und Pramipexol (Sifrol® bzw. Mirapexin®), welche beide Anfang 2006 für die Behandlung von RLS zugelassen wurden, können die Symptome des RLS ebenfalls lindern. Die Medikamente stellen aktuell neben der Behandlung mit L-Dopa- Präparaten den Goldstandard in der Behandlung des RLS dar.
    • Studien zu Dopaminagonisten in transdermaler Applikation (Pflaster) mit dem Wirkstoff Rotigotin (Neupro®-Pflaster, Leganto®-Pflaster) haben Wirksamkeit und Verträglichkeit dieses Wirkstoffs und der Darreichungsform gezeigt. Als besonderes Merkmal scheint bei der transdermalen Rotigotin-Therapie das Risiko einer Augmentation besonders gering. Inzwischen wird sie erfolgreich bei Morbus Parkinson und beim RLS eingesetzt.
  • Opioide 
  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen
    • Unterstützend bzw. in sehr leichten Fällen können auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie etwa die Verbesserung der Schlafhygiene, leichter Sport (u. a. auch Dehngymnastik, Pilates, Yoga, Qigong), Massagen, der Verzicht auf Koffein oder das Abduschen mit kaltem oder heißen Wasser bei einzelnen Patienten Linderung bringen.
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